Ein Apnoeausflug der anderen Art
Wintertauchen im Fluss
Es gibt Plätze die betaucht man am besten im Winter – einfach der Sicht wegen.
Einer dieser Plätze ist die Erlauf – nein, nicht der Erlaufsee sondern der Erlauffluss.
Hier gibt es zwar auch im Sommer hin und wieder halbwegs passable Sichtweiten, aber so richtig klar wird es nur im Winter.
Apnoetauchen im Winter hat seine speziellen Reize aber auch Regeln. Im ersten Augenblick werden viele denken – nein Danke, das ist ja nur grauslich und kalt.
Tatsächlich gehen viele von vorhinein falsch an so einen Tauchgang heran – ein bisschen so wie mit Badeschlapfen eine Bergtour zu unternehmen – was dann bleibt ist normalerweise eine schreckliche Erinnerung und der Vorsatz es nie, nie wieder zu versuchen.
Um von Haus aus solche Negativerlebnisse zu vermeiden gibt es den Apnea Planet Sonderkurs „Apnoetauchen im Winter“. Hier gibt es jede Menge Fachwissen wie man trotz Kälte warm bleibt, wie man so einen Tauchgang anplant, wie man sich vorher und nachher verhält und alles weitere drum herum.(der nächste ist übrigens 12. – 14.2.2016)
Aber kommen wir zu dem (wunderschönen) durchgeführten Tauchgang in der Erlauf.
Der Dreikönigsfeiertag ist immer ein guter Tag um einen ersten Tauchgang im neuen Jahr durchzuführen. Viele Tauchclubs zelebrieren an diesem Tag ihr Christbaumversenken aber mir war mehr nach Neuem und Abenteuer. Ein kurzer Aufruf innerhalb der Action Group und mein lieber Tauchfreund Andreas hat sofort zugesagt. Wintertauchen wollte er schon immer ausprobieren und die Erlauf anzuschauen fand er auch sehr spannend.
Gesagt getan uns so fanden wir uns am Dreikönigstag am zeitigen Vormittag am Ufer der Erlauf wieder. Eine dicke Nebeldecke verhüllte den Himmel und machte die Hoffnung auf Sonne zunichte. Die Lufttemperatur blieb daher konstant bei -5 Grad.
Beim anziehen der Taucheranzüge einige interessante Kommentare der vorbeigehenden Spaziergänger: Geht’s ihr da jetzt wirklich tauchen? Einer der Passanten fragt höflich ob er uns fotografieren darf, begleitet uns dann zum Einstieg ins Wasser und bietet uns sogar eine Tasse Tee für nachher an da er eine Gasse weiter wohnt.
Der Zugang zum Wasser ist schneebedecktes Laub und extrem rutschig. Wir müssen sehr aufpassen um nicht zu stürzen. Meine Gedanken gehen eigene Wege: Das würde noch fehlen – ein gebrochenes Bein wie beim Schifahren de facto passiert beim Wintertauchen, das würde viel Erklärungsarbeit fordern.
Beim Ufer angelangt sind wir dann auch schnell im Wasser. Wir haben angenehme Stehtiefe und eine Überraschung – der größte Teil des Flussbettes, speziell in der Mitte besteht aus Sand. Zwar hat dieser einen dünnen Überzug einer Algenschicht aber es ist definitiv reiner Sand der sich in kleinen geschwungenen Wellenlinien am Grund ausbreitet. An den Seitenbereichen befindet sich einiges an hineingefallenen Baumteilen und es ist eher schlammig. Man sieht hier sind Biber am Werk. Später sehen wir auch am Ufer frisch halbangenagte Bäume, jetzt sind wir uns mit dem Bibern ganz sicher.
Wir schwimmen gegen die leichte Strömung flussaufwärts, untertauchen einige der hineingestürzten Bäume und finden einen riesigen Traktorreifen. Umweltsünde? In diesem Fall eher nicht. Hier dürfte es sich um ein Attraktion für die im Sommer dort schwimmenden Kinder handeln. Die Größe des Reifens ist auf alle Fälle beeindruckend.
Wir flossen weiter flussaufwärts und kommen zu der Brücke die den Anfang das letzten Drittels unseres geplanten Schwimmstücks markiert. Hier ist es etwas seichter, die Strömung stärker und der Sand schneeweiss – Karibikfeeling kommt auf.
Nur die Fundstücke am Grund weisen auf anderes hin – vor allem auf Brückennähe. Radkappen, leere Dosen und jede Menge gebrauchte und ungebrauchte Feuerwerkskörper – Silvester ist ja erst ein paar Tage her. Das Einzige was wir nicht sehen sind Fische.
Wir kämpfen uns gegen das letzte Stück starke Strömung um in den ruhigen Beckenbereich des Überlauf des Wehres zu kommen das unser Endziel darstellt. Hier gibt es einige tiefere Stellen und hier sehen wir auch endlich Fische. Nicht nur ein paar Fische sondern hier hat sich ein massiver Schwarm Forellen versammelt der sicher um die hundert Tiere zählt. Was für ein Anblick – selten so gesehen. Kommunikativ ist der Schwarm nicht, unfotografierbar sucht er in großen Bogen das Weite.
Wir sind jetzt bereits eine Stunde im Wasser und langsam macht sich die kalte Umgebungstemperatur bemerkbar. Ich jage Andreas noch ein paar mal vor der Kamera hin und her um eine gute halb und halb Aufnahme zu bekommen.
Dann schwimmen wir zu der Stelle wo der ruhige Bereich zu Ende ist und in den Strömungsbereich übergeht. Wir stellen uns nochmals kurz auf um einen letzten Blick zurück auf das Panorama zu werfen.
Mit der Strömung und ein paar zusätzlichen Flossenschlägen treiben wir sehr schnell zu unserer Ausstiegsstelle. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigt 1Stunde und 30 Minuten Wasserzeit – wir waren länger unterwegs als geplant, fühlen uns aber immer noch bestens, nur in den Fingern und Zehen spüren wir die Kälte.
Andreas ist mit seinem Anzug viel schneller beim umziehen als ich und als ich dann die Beifahrertür öffne um mich auch ins geheizte Auto zu setzen brennt sich ein Bild bei mir ein. Andreas am Fahrersitz in einer Stellung die jedem Schlangenmenschen zu Ehren gereichen würde – Beine hoch oben – Zehen direkt am Luftauslass der Heizungsdüsen.
Wenig später sind wir bestens gelaunt am Weg nach Hause.
Nachsatz:
Am nächsten Tag ruft mich Andreas an: Kurzes räuspern, bist du krank?
Natürlich nicht, du vielleicht?
Nein, ich wollte ja nur fragen.
Wir haben alles richtig gemacht, warum sollten wir dann krank werden.
Deswegen rufe ich eigentlich nicht an, ich wollte mich nur nochmals für den tollen und spannenden Tauchtag bedanken.
Dieses Telefonat hat mir natürlich große Freude bereitet, ein dickes Lob für einen Tauchtag zu bekommen ist immer etwas ganz besonderes.